Aus dem Leben eines Bergsteigers

A passage describing the river Soca


The source of Soca Die Soca rauschte so nahe an uns vorbei und lärmte so gewaltig, daß wir uns untereinander kaum verständlich machen konnten. Und unter ihrem lebendigen, bald wild aufspringenden und hoch emporstiegenden, bald gedämpfter abschwächenden Rauschen zog ein ununterbrochenes, immer gleiches, tiefes Summen und Dröhnen wie ein urgewaltiger Grundton, der nicht aus den springenden und stürzenden Wassern zu kommen schien, sondern aus den erbebenden Felsen ihres Untergrundes. Das ist der große Grundton, der ohne Unterlaß durch die ganze Trenta zieht. Man hört ihn nicht nur, man fühlt seine langen und schweren Schwingungen, und legt man das Ohr an die Erde, so wird man körperlich erfaßt und erschüttert. Es ist ein von fabelhaften Baßregistern gehaltener Orgelpunkt, der, in der tiefsten Lage einherschreitend, das Wassergebrause des ganzen Tales trägt und, unter tosenden Harmonienfolgen ohne Ende fortgeführt, durch die Bergjahrhunderte erdröhnt. Kein Sterblicher kann es sich ausdenken, wann und wie seine Lösung und sein befreiender Schluß je kommen werden. Wer ihn jemals gehört hat, dem zieht er durch die Seele, denkt er an das Tal zurück, und kommt er nach einem Menschenalter wieder, so empfängt er ihn in immer gleicher, urwüchsiger Kraft und bildet, als habe er seine machtvolle Arbeit eben erst begonnen, das Fundament für immer neue über ihn dahinströmende, in elementarer Herrlichkeit aufrauschende Akkorde. Zur Zeit der Schneeschmelze bei Hochwasser rollt er wie Gottes Donner durch die Berge, er rüttelt an ihren Grundfesten und erhebt seine Stimme bis zu ihren höchsten Höhen. Man lauscht ihr mit verhaltenem Atem und beugt sich ergriffen und im innersten erschauernd vor der Kraft und Grösse der in der Natur waltenden Mächte.
Kugy's signature

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